Kommentare zu Newtopia

 

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Mittwoch, 29.4.2015

10.53 Uhr

Seit gestern Abend ca. 21.30 Uhr wird aus Newtopia nichts mehr übertragen - kein Livestream. Inzwischen wurde eine offizielle Stellungnahme abgegeben, die HIER zu lesen ist.

Natürlich weiß ich nicht, was hier vorgeht, aber spannend finde ich, dass mein Gefühl wohl doch irgendwie auf eine bestimmte Weise an die Geschehnisse um Newtopia herum gekoppelt ist. Vergangenen Samstag, als die Nominierung boykottiert wurde, war ich aus irgendwelchen Gründen tagsüber in einem Stressgefühl drin, das ich mir nicht erklären konnte. Als ob ich etwas Verbotenes tue und dafür eine Strafe erhalten werde. Das fühlte ich noch, bevor ich davon erfuhr, dass die Nominierung boykottiert werden sollte.

Als dann tatsächlich die Nominierung nicht durchgeführt wurde (siehe Video auf der letzten Seite), fühlte ich mich wieder besser, sogar sehr gut - bis der Brief von der Produktionsgesellschaft kam, in dem die Pioniere aufgefordert wurden, die vertraglich vereinbarte Nominierung noch nachzuholen. Da fühlte ich wieder Stress. Und ich war die ganze Zeit energetisch darauf konzentriert, wie es nun weitergehen würde, habe Newtopia so extrem wie nie im Live-Stream verfolgt, als wenn bald irgendetwas Einschneidendes geschehen würde.

Und nun der längste Cut in der Geschichte Newtopias (Ausschalten der Kameras). Es passiert gerade ein großer Umbruch - und genau das wird nicht gezeigt, weil sich die Produktionsleute intensiv mit den Pionieren austauschen, unterhalten, diskutieren, ... was auch immer ... und ich fühle mich die ganze Zeit unruhig und komme von diesem Gefühl nicht los.

Aus irgendeinem Grund bin ich stark an diese ganze Geschichte gekoppelt - eigentlich auch kein Wunder, wenn man sich mal anschaut, was ich hier auf dieser Website selbst auf die Beine gestellt habe bzw. mit der Empathie-Schule entwickle. Natürlich ist das für mich auch hochinteressant zu beobachten, was passiert, wenn ein Fernsehsender versucht, mit 15 Pionieren eine "neue Gesellschaft" zu entwickeln - und wie dabei die Empathie eine Rolle spielt. 

Für mich ist es auch logisch, dass Revolutionen stattfinden müssen, um sich dabei selbst weiterzuentwickeln. Und ich bin auch gespannt, ob die Produktionsgesellschaft und der Rechteinhaber John de Mol so offen sind, die Impulse der Pioniere auf irgendeine Weise aufzugreifen, damit alles insgesamt weiterentwickelt werden kann - auch das Format "Newtopia" an sich.

 

Ich habe den Pionieren "zufälligerweise" gestern vor dem langen Cut eine E-Mail geschrieben, die aber wahrscheinlich in diesem großen Chaos dort untergegangen ist, deswegen veröffentliche ich es hier:

 

28.4.2015

Liebe Pioniere, 

 

ich habe Eure Nominierung verfolgt und den Aufruf von Derk vernommen, dass die Zuschauer sich vermehrt einbringen und helfen sollen, eine neue Gesellschaft zu verwirklichen. 

Gerne stelle ich mich mit meinen Ideen zur Verfügung. Ich habe viele Ideen, würde zuerst aber mal nur mit dem Wichtigsten anfangen. Und dann möchte ich schauen, ob es Euch tatsächlich weiterhilft und ob Ihr mir ein entsprechendes Feedback gebt. Wenn Ihr mir per E-Mail Bescheid gebt, dass es Euch weiterhilft, engagiere ich mich gerne mehr und stelle Euch weitere Tipps und Schritte zur Verfügung. Sollte ich von Euch nichts weiter hören, gehe ich davon aus, dass Ihr auch kein weiteres Interesse habt. 

Ich fange mit zwei Punkten an. Weitere Punkte schreibe ich Euch bei Interesse von Eurer Seite. 

 

Punkt 1: Projektionen. 

 

Es ist wissenschaftlich erwiesen – und im Grunde wisst Ihr das auch – , dass jedes Gehirn anders konstruiert ist. Jedes Gehirn und jeder Körper ist aufgrund seiner vergangenen Erfahrungen und seiner Konditionierungen anders geprägt – und so bleibt nichts anderes übrig, als dass Ihr Euch selbst mit Eurer Vergangenheit auf jeden Fall nach Newtopia mitgebracht habt. Die Sichtweise "Alles auf Anfang" kann nur für Äußeres gelten - aber innerlich im Gehirn und Körper kann man nicht mehr einfach so mal auf "Anfang" schalten. Das durftet Ihr in den ersten zwei Monaten erfahren. 

Das ist soweit nichts Neues. Wichtig ist aber, dass sowohl der Körper als auch das Gehirn immer eine Zeit brauchen, um sich zu verändern. Dementsprechend sind ein gewisses Training und eine gewisse Regelmäßigkeit nötig, um Veränderungen zu erschaffen. 

Weil es aber eine Zeit braucht, dass das Gehirn seine eingefahrenen Bahnen allmählich verändern kann, ist es UNMÖGLICH, dass ein Mensch einen anderen Menschen SOFORT verstehen kann. Und das ist das Phänomen, unter dem Ihr (und unsere gesamte Gesellschaft) leidet: Das Phänomen heißt MISSVERSTÄNDNISSE. 

Das ist nach meiner Beobachtung Euer Hauptproblem, auf denen alle andere weiteren Probleme aufbauen. 

Es ist nicht Euer Problem, dass Ihr Euch unsympathisch seid. Man merkt es bei den Nominierungen – Ihr habt nichts gegen die anderen Pioniere an sich, Ihr habt nie etwas gegen die Menschen, Ihr liebt Euch im Grunde alle untereinander – selbst die nominierten Candy, Hans und Andreia gehören in Euren Gefühlen irgendwie zur Familie. 

Euer Zeichen, dass Ihr mit Eurem Boykott gesetzt habt, ist auf jeden Fall angekommen (ist nur die Frage, bei wem?!). Ihr wollt niemanden ausschließen. Ihr habt also nichts gegen andere Menschen an sich. Ihr habt nur etwas gegen die Missverständnisse eines anderen Pioniers, gegen sein manchmal schmerzhaftes Verhalten, gegen seltsame und „unlogische“ Ziele des anderen etc. ... Im Grunde kann man es zusammenfassen und sagen: Ihr habt etwas dagegen, dass Eure Gehirne unterschiedlich konstruiert sind und daher auch immer wieder "aneinanderrasseln" (logischerweise). 

Besonders habt Ihr IMMER etwas dagegen, wenn ihr selbst von einem anderen Pionier falsch verstanden werdet und wenn ihr vielleicht sogar negativer hingestellt werdet, als Ihr euch selbst empfindet. 

Dass aber Person A die Person B missversteht oder vielleicht sogar negativ deutet, liegt IMMER in der Gehirnprojektion von Person A. Person B ist dabei IMMER unschuldig und kann nichts dafür, dass Person A so missversteht und dann negativ wertet. 

Wenn z. B. Candy sagt: "Die scheiß Zuschauer!", dann hat jeder einzelne Zuschauer die Wahl, ob er Candys Aussage auf sich selbst bezieht und beleidigt ist, oder ob er es nicht persönlich nimmt oder ob er es einfach als die Konstruktion von Candys Gehirn erkennt, der eben so kommunizieren will, wie er es tut - und das hat letztendlich mit keinem anderen Menschen etwas zu tun - nur mit Candy. Es ist ganz allein Candys Gehirn, das entscheidet, so zu kommunizieren und so ein Bild vom Zuschauer zu entwickeln. 

Ich schlage also als ersten Punkt vor, verstärkt im Austausch miteinander erst einmal nur zu BEOBACHTEN, wo genau der andere gerade etwas missversteht und gleichzeitig in sich selbst den Drang, dies SOFORT korrigieren zu wollen, zu unterdrücken. Gebt dem anderen erst einmal eine Minute Raum für seine Projektion – und achtet sie als seine Projektion, die sein Gehirn ihm jetzt gerade bietet – egal, wie es dazu kam. 

Lernt als allererstes erst einmal für eine einzige Minute es auszuhalten, wie schmerzvoll Euch der andere deutet und wie ihr von ihm missverstanden werdet. 

 

- Trainiert Euch, immer bewusster zu bekommen, dass hier gerade Projektionen passieren und Missverständnisse vorhanden sind. 

 

- Und wartet mit Eurer Reaktion und Klarstellung eine Minute (die Minute beginnt, nachdem der andere ausgeredet hat!), auch wenn es weh tut. 

 

Dies allein wird schon sehr sehr viel verändern! Allerdings nur, wenn Ihr bereit seid, dies über ein paar Tage zu trainieren und Euer eigenes Gehirn dadurch allmählich umzutrainieren. Es braucht ein bisschen Zeit - hat aber eine sehr große Wirkung, besonders in einer Gruppe. 

 

Wer diese Mail von Euch auch liest: Dieses Neue-Gesellschaft-Training kann jeder für sich ganz allein beginnen. Das Tolle an dieser Übung ist, dass Ihr nicht davon abhängig seid, dass die anderen diese Übung auch machen. Sondern Ihr könnt ganz allein damit beginnen – und vielleicht steckt Ihr allmählich die anderen Schritt für Schritt an. Und wenn nicht, dann gehört auch das dazu. 

 

Punkt 2: Vision, alles unter einen Hut bekommen 

 

Ich möchte Euch zu der Vision einladen, nicht allen Menschen ein bestimmtes Gesellschafts-Ziel aufzudrücken, sondern immer danach zu suchen, wie alle unterschiedlichen Ziele am besten unter einen Hut passen – auch wenn es manchmal absolut widersprüchlich erscheint. Ich schlage vor, immer diese Haltung zu bewahren: Wie passt ALLES (auch das Ziel der Produktionsgesellschaft, das Nominierungsritual beizubehalten) unter einen Hut? Welche Sichtweise integriert alles? Auch die Autonomen und die Schimpfenden und die Traumatisierten? 

Ich weiß, dass jetzt erst einmal viele Widersprüche und ungelöste Konflikte und Verletzungen in Euren Gedanken hoch kochen, wenn Ihr Euch das vorstellt. Denn wie will man letztendlich in einer Gesellschaft selbst die Verbrecher und Mörder integrieren? Wie gehören sie mit unter diesen Hut? Wieviel Mitgefühl muss man für sie aufbringen, ohne sich dabei selbst aufzugeben?!? 

DAS ist es, was diese Gesellschaft noch nicht geschafft hat – und was der absolut geniale Wurf für Euch wäre (finde ich jedenfalls). Welche Sichtweise, welche Gesellschaftsform bekommt ALLE Menschen mit all ihren widersprüchlichen Zielen unter einen Hut? Selbst die rahmengebenden Menschen (Sat1/Talpas-Team)? Welche Gesellschaftsform integriert alles – selbst die Tatsache, dass man sich manchmal durch eine Nominierungsanweisung scheinbar „gegen“ andere Menschen wenden muss? Selbst die unumstößlichen Regeln? Und der eigene Wunsch, nicht mehr nominieren zu wollen? Wie passt alles zusammen? 

 

Ich biete Euch als innere Haltung die tägliche Frage an: Wie passt alles unter einen Hut?
(Vielleicht könnt Ihr als Eselsbrücke Euch die Frage stellen: Wie passt alles unter Lennerts Hut? Und immer, wenn Ihr Lennert seht, denkt Ihr an diese Frage. :-) ... aber nur, wenn Lennert das auch möchte ... ;-) ) 

Und lasst Euch ganz ganz viel Zeit, darauf eine Antwort zu finden, vielleicht sogar immer wieder eine neue Antwort. Stellt einfach diese Frage immer wieder neu, jeden Tag, und beobachtet, wie Euer Zusammensein diese Frage wie von selbst im Laufe der nächsten Wochen und Monate beantworten wird. 

 

Wenn Ihr mehr Tipps von mir wollt oder wenn Ihr sogar konkrete Fragen habt, dann schreibt mir bitte kurz eine E-Mail. Dann mache ich gerne weiter. 

Alles Gute für Euch! 

Liebe Grüße von Olaf

 

 

Donnerstag, 30.4.2015

10.00 Uhr

Inzwischen habe ich in Erfahrung bringen können, dass der Zweck von Newtopia u. a. ist, dass die Pioniere allein ohne äußere Hilfe ihre neue Gesellschaft entwickeln sollen - also werden solche Hilfen, wie sie oben von mir angeboten werden, natürlich nicht weitergeleitet.

 

Jetzt läuft der Live-Stream wieder - ich habe kurz einmal reingeschaut und sofort das Gefühl gehabt: Das war´s jetzt. Das Produktionsteam hat das, was passiert ist, nicht wirklich für eine "Weiterentwicklung" (nach meinem Gefühl) genutzt. 

Eigentlich kann ich das nicht beurteilen - rein vom Kopf her, aber so ist mein Gefühl.

Und dadurch ist mein Interesse an Newtopia auch vollständig erloschen.

Ich kann nun loslassen und mich komplett auf meine eigene "Mission" konzentrieren.

 

 

 

 

 

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© Copyright 2015 Olaf Jacobsen

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