Kommentare zu Newtopia

 

Was ich entdecke, erkenne, fühle und denke:

 

Montag 23.2.2015

14 Uhr

Heute Abend ist die erste Sendung. Heute ziehen die Newtopianer in das 20.000 qm-Gebiet ein - in ihre Scheune.

Ich weiß natürlich noch nicht, wie ich dazu fühle und darauf reagieren werde. Im Moment habe ich leichtes Desinteresse - ich schaue aber trotzdem die Sendung an. Auf jeden Fall weiß ich jetzt schon, dass ich mir keinen kostenpflichtigen Newtopia - Live-Stream buchen werde.

 

Mal sehen, wie es mir gehen wird - ich werde hier berichten ...

 

Ich sehe gerade, dass ich einen Presse-Newsletter über Newtopia erhalten habe (habe ihn mal abonniert), in welchem das erste Mal alle Teilnehmer aufgezählt werden:

Andre (27), Restaurantleiter

Aurica (40), Kassiererin

Candy (44), Politikwissenschaftler

Christian (28), Landwirt

Conny (45), Architektin

Derk (26), Key-Account-Manager

Diellza (26), Model

Hans (30), Fitness-Trainer

Isolde (55), Schulleiterin

Karolina (26), Studentin

Kerstin (38), Buchhalterin

Lennert (26), Handwerker

Lenny (29), Student

Steffen (61), Hartz-IV-Empfänger

Tatjana (19), Schülerin

 

Niemand dabei, der in irgendeiner Weise mit Psychologie oder Empathie zu tun hat - zumindest nicht direkt. Schade. Ja, das ist wohl die Ursache meines leichten Desinteresses ...

Bin von Schwartzkopff-TV bzw. mit neuem Namen: Talpas Germany (die Produktionsgesellschaft dieser Sendung) nun doch etwas enttäuscht. ... aber schaun wir mal ... eine Chance, mein Gefühl zu überzeugen und mich durch die Sendung begeistert zu fühlen, gebe ich ihnen noch, schließlich haben sie die preisgekrönte Sendung "The Voice of Germany" produziert.

 

18.30 Uhr

Habe mich doch tatsächlich im Internet für den kostenlosen Pass registriert.

 

19.00 Uhr

Sendung beginnt.

 

19.55 Uhr

Ende der ersten "Episode".

Seltsame Leere in meinem Gefühl.

 

Habe irgendwie keinen wirklichen Bezug zu der ganzen Sache ...

... auch nicht zu den Leuten.

Keine Euphorie.

Kein wirkliches Interesse, wie sie das Ganze meistern werden.

Einzig der Sprecher, der das Geschehen ein wenig zusammenfasst und "würzt", ist ein bisschen witzig.

 

Im Jahr 2010 habe ich die damalige Staffel Big Brother sehr intensiv mitverfolgt und parallel dazu mein Buch "Ich stehe nicht mehr zur Verfügung - Die Folgen" geschrieben.

Dieses Gefühl, das mich damals an die Sendung gefesselt hat, vermisse ich hier.

 

Ich vermute, weil es aus meiner Perspektive nicht wirklich etwas "Neues" bietet. Wieder einmal werden Menschen beobachtet, wie sie versuchen, eine Aufgabe umzusetzen, und wie sie sich dabei miteinander auseinandersetzen und jeder sich bewusst ist, dass er vor Kameras agiert. Das kennen wir schon von Big Brother.

Wirklich etwas grundlegend "Neues" ist es irgendwie nicht.

 

Ja - ich hätte wirklich mit der Konzentration auf die Gefühle und Resonierenden Empfindungen untereinander eine komplett neue Perspektive mit reingebracht...

 

Bin ich hier nur enttäuscht, dass ich nicht dabei sein darf?

Nein, das ist es nicht.

 

Ich bin wohl viel zu sehr verwöhnt durch meine hochinteressanten Erfahrungen in den Aufstellungsveranstaltungen und mit Jacqueline im Alltag - das ist viel faszinierender als das, was ich heute in der ersten Episode von Newtopia miterlebt habe.

... die man übrigens hier nachträglich anschauen kann: Newtopia Episode 1

 

Alles in allem fühle ich mich in dem leichten Desinteresse von heute Nachmittag bzw. von den letzten Tagen vor diesem Start bestätigt.

 

Wenn ich jetzt noch einmal überlege, wie es gewesen wäre, wenn ich jetzt in Newtopia dabei wäre?

Mein Fazit? Im Vergleich dazu, wie es jetzt gelaufen ist?

 

Ich bin mir immer noch sicher, dass ich eine neue "Ebene" mit reingebracht hätte. Und das hätte mit diesen Leuten auch funktioniert, wenn auch langsam Schritt für Schritt. So, wie ich es den Veranstaltern in meinem Brief im letzten Jahr mitgeteilt habe.

Ich kann also nicht sagen, dass es gut ist, dass ich nicht dabei bin, denn mit mir wäre es natürlich anders geworden, als ich es jetzt aus der Ferne beobachte ...

 

 

Dienstag 24.2.

11.17 Uhr

Heute merke ich, dass ich irgendwie froh bin, kein ganzes Jahr dabei sein zu "müssen"...

Die Freude und tatsächliche Begeisterung in der Gruppe, eine neue Gesellschaft entwickeln zu dürfen, ist mir irgendwie zu wenig. Es fühlt sich für mich so an, als ob die Leute zu sehr mit dem Agieren vor der Kamera, mit den Auseinandersetzungen untereinander und mit dem materiellen Aufbau beschäftigt sind - was ja auch Sinn machen kann, z. B. für ein gemeinsames Reifen. Aber dieser Sinn des "Reifens" oder "Sich-selbst-Weiterentwickelns" ist mir in dieser Gruppe zu wenig bewusst - bisher zumindest. ... oder vielleicht ist es ja da, aber ich konnte es noch nicht wahrnehmen? ...

 

19.26 Uhr

Ich muss mich korrigieren. Ich habe einen Fehler gemacht - nicht genug recherchiert. In der ersten von Sat 1 zusammengestellten Sendung war es für mich noch nicht wahrnehmbar, aber heute habe ich im Internet das Vorstellungsvideo der Achitektin Conny (45) gesehen. Sie möchte durch Spiritualität zu einer besseren Gesellschaft gelangen. Sie ist in Newtopia angetreten, um ein mitfühlendes, tolerantes Miteinander aufzubauen.

Ja - das wäre auch mein Wunsch gewesen. Genau.

Sie hat eine Vorstellung von uns Menschen als "mehrdimensionale" Wesen.

Ich finde die Formulierung interessant, denn in meinem Buch Das fühlt sich richtig gut an schreibe ich auch vom mehrdimensionalen Fühlen.

Für sie ist es wichtig, dass Newtopia ein "würdevolles" Experiment wird. Wenn es an die Grundbedürfnisse geht (Nahrung, Schlaf, Wärme etc), könnten wir Menschen im Miteinander schnell die Würde verlieren.

"Wäre schön, wenn uns das gelingen würde, das würdevoll zu gestalten - miteinander", sagt sie im Interview.

 

Ich erlebe Conny als viel einfühlsamer und "weicher", als ich selbst das gemacht hätte. Auf der Newtopia-Website schreibt sie: "Mir sind die tiefen metaphysischen, psychischen und seelischen Ebenen des Lebens wichtig. Schönheit und Kunst in fast jeder Form macht mich glücklich."

Und darüber, was es in ihrer perfekten Welt nicht gibt, schreibt sie: "Seelische, psychische und körperliche Folter! Eine gefühllose, unempathische Welt ohne Liebe und Mitgefühl und den Wunsch nach göttlicher und menschlicher Schöpfung wäre trostlos und leer."

In Newtopia sieht sich Conny (als ehrenamtliche Seelsorgerin) außerdem als empathische Konfliktlöserin.

 

Ich finde, sie ist eindeutig die "bessere" Vertreterin (im Vergleich mit mir und bezogen auf das oben angesprochene Ziel) und ich freue mich darüber. Auch wenn ich den Begriff "Spiritualität" nicht verwendet hätte, aber das spielt keine große Rolle. Sie wirkt meines Erachtens viel klarer und menschlicher und einfühlsamer als ich mich selbst sehe - wobei ich mich hier nicht abwerte, sondern nur uns beide vergleiche und dabei meinen eigenen inneren Maßstab anwende. Und ich fühle mich gut mit dem Vergleich, denn jetzt kann ich wieder etwas dazulernen.

Daher nehme ich meine gestern geäußerte "Enttäuschung" wieder zurück.

Ich bin gespannt, wie es sich mit und durch Conny weiterentwickelt. Da muss man natürlich weiter beboachten, was für Impulse von ihr ausgehen.

Auf jeden Fall bin ich wieder versöhnt! :-)

 

Tja - und Sat 1 hat es geschafft, dass auch ich mich mit einem Newtopia-Bewohner identifiziere.

 

Wenn ich jetzt an meinen Casting-Auftritt in Stuttgart denke und durch den Vergleich mit Conny über mich selbst reflektiere, wird mir nun bewusst, dass es einen Anteil in mir gibt, der noch die Tendenz hat, gegen etwas oder gegen jemanden zu kämpfen - oder der meint, um etwas kämpfen zu müssen. Wie als wenn ich mich noch irgendwie "beweisen" müsste. Das hat bestimmt der eine oder andere Leser meiner Texte hier auf "Olafs Utopia" schon gedacht - ich selbst auch immer wieder beim Schreiben und Mich-beobachten. Aber bisher gab es da für mich noch keinen Weg raus.

Der Vergleich von dem Bild, das ich von mir selbst habe, und dem Bild, das ich mir jetzt von Conny mache, bringt es nun für mich an die Oberfläche. Endlich liegt es offen vor mir auf dem Tisch - und irgendein Anteil in mir ist wahnsinnig erleichtert darüber!

Noch einmal: Wenn ich ganz ehrlich und offen Conny mit mir vergleiche - aus der Perspektive von Talpas Germany (Produktionsgesellschaft) -, dann hätte ich mich auch für Conny entschieden ... und nicht für mich! Das ist mir jetzt endlich klar - und jetzt kann ich mir endlich auch vorstellen, warum ich nicht genommen wurde.

Auf diese Erkenntnis, auf dieses Gefühl hatte ich irgendwie gewartet - vielleicht sogar darauf gehofft, denn nun kann ich mich in diesem Punkt - wie gesagt - endlich weiterentwickeln.

 

Hab gerade gesehen, dass die Einschaltquoten für Newtopia bei der ersten Sendung gestern traumhaft hoch waren. Das freut mich sehr! Ich wünsche diesem Projekt aus ganzem Herzen viel Erfolg - und versuche, von außen mitzuziehen :-)

 

Zur 2. Sendung, die heute lief:

Dieses Mal habe ich ein wesentlich besseres Gefühl gehabt und bekam emotional auch Kontakt zu den Newtopianern. Irgendwie beruhigt mich das...

 

22 Uhr

Ich habe gerade auf T-Online.de eine Umfrage gesehen:

Wie hat Ihnen die erste Folge von "Newtopia" gefallen?

14,9% (1465 Stimmen): "Super, die Show ist wirklich spannend"

7,2% (701 Stimmen): "Ich fand es langweilig und viel zu inszeniert."

14% (1373 Stimmen): "Ich habe sie nicht gesehen, will aber unbedingt die nächsten Tage einschalten"

63,9% (6269 Stimmen): "Die Sendung interessiert mich überhaupt nicht."

 

Diese 63,9% bringen mich wieder zurück zu meiner ursprünglichen Motivation und Frage: Wie kann ich das Phänomen der "Resonierenden Empfindungen" möglichst breitgefächert spannend einem großen Publikum zur Verfügung stellen, so dass ich möglichst viele Menschen für dieses natürliche menschliche Phänomen gewinnen kann?!? ...

So - genug für heute.

 

Samstag 28.2.

11.50 Uhr

Bis jetzt habe ich mir alle fünf Folgen von Newtopia angeschaut. Mir fällt es schwer, konkret darüber zu schreiben, weil mir sehr bewusst ist, wie verzerrend diese kurze Zusammenfassung von Sat 1 ist. Der Sender versucht die Geschehnisse von einem Tag (manchmal auch etwas länger) innerhalb von 50 Minuten möglichst interessant, mit musikalischer Untermalung, mit Sprecherkommentaren und mit konzentrierten Handlungssträngen darzustellen. Ziel ist natürlich, aus dem, was bei Newtopia über 24 Stunden hinweg passiert ist, das für den Sender Interessanteste rauszuziehen und eine spannende Geschichte für die Zuschauer draus zu machen. Das Ziel des Senders kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings hat es eben leider den Effekt der "Verzerrung", so dass ich nicht wirklich über das reden kann, was bei Newtopia passiert, weil ich mir permanent bewusst bin, nicht alle Zusammenhänge zu wissen. Würde ich also irgendeine "Wertung" abgeben, dann würde ich garantiert jemandem Unrecht tun - einfach aus meiner Unwissenheit heraus.

Was ich aber bewerten kann, ist das, was der Sender macht, bzw. die Produktionsgesellschaft Talpas Germany.

Für mich zeichnet sich nun letztendlich doch ab, dass zwar die Geschichten tatsächlich gut und spannend aufbereitet sind - besser als bei Big Brother, letztendlich ist es aber doch dem Format Big Brother sehr ähnlich, weil die ausgewählten Teilnehmer viel zu sehr mit ihren eigenen unterschiedlichsten Zielen beschäftigt sind, als sich auf die Entwicklung einer neuen Gesellschaft konzentrieren zu können.

Conny hat gesagt, dass es hier doch darum gehen würde, etwas "Neues" zu entwickeln, und dass sie beobachtet, dass die meisten Bewohner einfach ihre Verhaltensstrukturen von außen mitbringen. Im Grunde gebe ich ihr Recht - auf der anderen Seite ist es aber gerade wichtig, dass noch einmal die alten Verhaltensmuster aus der "normalen" Gesellschaft zum Vorschein kommen, damit sie dann schrittweise verändert werden können und sich daraus etwas Neues entwickeln kann.

Ich sehe also, dass Conny so ihre Schwierigkeiten hat, das annehmen zu können, was sich momentan zeigt, und dann damit so umzugehen, dass es weiterentwickelt werden kann. Aus meiner Sicht scheint kaum ein Bewohner in sich die Möglichkeit mitzubringen, mit Abstand über die ganze Situation zu reflektieren, um sie dann letztendlich weiterzuentwickeln. Es herrschen viel mehr alte "Kommando-Strukturen". Wenn man etwas durchsetzen will, macht man es in einem Kommando-Ton, so dass möglichst wenig Widerstand kommt. Und wenn dann mal jemand Widerstand zeigt (Candy oder Hans), wird derjenige mit seinem Widerstand nicht integriert, sondern ausgegrenzt. Klar - er gehört zu dem Ziel nicht dazu, das man gerade verfolgt (siehe meine Erkenntnis am 28.2. hier).

 

Noch einmal zurück zum Sender: Was sicherlich auch den Zielen des Senders entspricht ist, dass die ausgewählten Leute (Newtopianer) so gestrickt sind, dass wohl die "breite Masse" der Fernsehzuschauer sich tendenziell mit ihnen identifizieren kann. Säßen lauter Richard David Prechts dort und würden miteinander philosophieren, dann würde sich wohl die Einschaltquote stark nach unten bewegen, weil die Leute nicht mehr folgen könnten.

Aber ich bin davon überzeugt, dass etwas mehr Hirn und etwas mehr Reflektieren und logisches Nachdenken nicht nur Zuschauer abschrecken, sondern auch vermehrt anziehen würde. Ich glaube, dass es noch eine wesentlich interessantere Möglichkeit gäbe, die die Einschaltquoten sicherlich nach oben bringen würden. ... doch das Konzept, das ich hier im Kopf habe, möchte ich noch nicht "veröffentlichen".

 

 

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